Das Teufelsloch in der Kirche von Goslar

In der Kirchenmauer zu Goslar sieht man einen Spalt und erzählt davon so: Der Bischof von Hildesheim und der Abt von Fuld hatten einmal einen heftigen Rangstreit, jeder wollte in der Kirche neben dem Kaiser sitzen und der Bischof behauptete den ersten Weihnachtstag die Ehrenstelle. Da bestellte der Abt heimlich bewaffnete Männer in die Kirche, die sollten ihn den morgenden Tag mit Gewalt in Besitz seines Rechtes setzen. Dem Bischof wurde das aber verkundschaftet und ordnete sich auch gewappnete Männer hin. Tags drauf erneuerten sie den Rangstreit, erst mit Worten, dann mit der That, die gewaffneten Ritter traten hervor und fochten; die Kirche glich einer Wahlstätte, das Blut floß stromweise zur Kirche hinaus auf den Gottesacker. Drei Tage dauerte der Streit und während des Kampfes stieß der Teufel ein Loch in die Wand und stellte sich den Kämpfern dar. Er entflammte sie zum Zorn und von den gefallenen Helden hohlte er manche Seele ab. So lang der Kampf währte, blieb der Teufel auch da, hernach verschwand er wieder, als nichts mehr für ihn zu tun war. Man versuchte hernachmals, das Loch in der Kirche wieder zuzumauern und das gelang bis auf den letzten Stein; sobald man diesen einsetzte, fiel alles wieder ein und das Loch stand ganz offen da. Man besprach und besprengte es vergebens mit Weihwasser, endlich wandte man sich an den Herzog von Braunschweig und erbat sich dessen Baumeister. Diese Baumeister mauerten eine schwarze Katze mit ein und beim Einsetzen des letzten Steins bedienten sie sich der Worte: „willst du nicht sitzen in Gottes Namen, so sitz ins Teufels Namen!“ Dieses wirkte und der Teufel verhielt sich ruhig, blos bekam in der folgenden Nacht die Mauer eine Ritze, die noch zu sehen ist bis auf den heutigen Tag.

Nach Aug. Lercheimer von der Zauberei, sollen der Bischof und Abt darüber gestritten haben, wer dem Erzbischof von Mainz zunächst sitzen dürfe. Nachdem der Streit gestillet war, habe man in der Messe ausgesungen: „hunc diem gloriosum fecisti.“ („diesen Ehrentag hast Du gemacht“) Da fiel der Teufel unterm Gewölb mit grober, lauter Stimme ein und sang: „diesen Wehrtag hab‘ ich gemacht.“

Original: Deutsche Sagen der Brüder Grimm von 1816

Eine andere Version dieser Geschichte findet sich im Sagenbuch des Preußischen Staats von Johann Heorg Theodor Grässe:

Kaiser Heinrich der Vierte (Dritte) feierte einst das Pfingstfest zu Goslar (Mainz). Kurz vor der Messe, als die Sessel in der Kirche aufgestellt wurden, erhob sich zwischen den Kämmerern des Mainzer Erzbischofs und des Abts von Fulda ein Streit darüber, wer von ihren Herren neben dem Kaiser sitzen müsse. Von Worten kam es zu Schlägen und das Blut floß über den Estrich der Kirche, daß man darin bis an die Knöchel watete. Die Bischöfe eilten herbei und stifteten Frieden, säuberten die Kirche und begannen die Messe mit feierlichem Gesange. Als der letzte Vers des Sancte Spiritus gesungen wurde:

hunc diem gloriosum fecisti (diesen Ehrentag hast Du gemacht),

rief der Teufel von oben aus der Kirche:

hunc diem bellicosum ego feci (diesen Wehrtag hab‘ ich gemacht).

Während Alle vor Angst und Furcht schauerten, rief der Kaiser, der des Feindes Freude sah: »Du, aller Bosheit Erfinder und Entzünder, hast diesen Tag des Streits und der Trübsal gemacht; wir aber wollen ihn mit der Gnade Gottes, der ihn glorreich gemacht, den Armen freudenreich machen.« Das Lied wurde von Neuem zu singen begonnen und die Gnade des heil. Geistes angefleht, der unter den Weinenden, den Singenden, in Trauer die Brust Schlagenden sichtlich weilte. Nach Beendigung der Messe ließ der Kaiser die Armen versammeln und verteilte dreimal die Speisen an sie, die für ihn im Palast bereitet waren. Er selbst trug die Gerichte auf und stand wie ein Diener von ferne. Die Ueberbleibsel allein genügten ihm. Es wird erzählt, man habe lange Zeit geglaubt, daß man das Loch, durch welches der Teufel gefahren, nicht habe zumauern dürfen oder können; viele Jahrhunderte blieb es offen, man besprach und besprengte es vergebens mit Weihwasser, endlich wendete man sich an den Herzog von Braunschweig und erbat sich dessen Baumeister. Diese Baumeister mauerten eine schwarze Katze mit ein und beim Einsetzen des letzten Steines bedienten sie sich der Worte: »Willst Du nicht sitzen in Gottes Namen, so sitze in Teufels Namen!« Dies wirkte und der Teufel verhielt sich ruhig, blos bekam die folgende Nacht die Mauer eine Ritze, die noch zu sehen ist bis auf den heutigen Tag. Andere sagen auch, man habe eine Bibel mit in das Loch gemauert und von der Zeit an sei es beständig zugemauert geblieben.

Dieser hat auch noch andere Geschichten zu Goslar:

An der Kanzel der Nicolai-Kirche in Goslar hängen zwei eiserne Handschellen, von denen die Sage geht, sie seien einst einem gefangenen Grafen von selbst von den Händen gesprungen, als er bei seiner Einführung in die Stadt den heil. Nicolaus angerufen.

Auf dem Markte in Goslar steht ein großes ehernes doppeltes Becken, welches durch Röhren stets mit Wasser gefüllt ist. Wenn Feuer in der Stadt entsteht, so wird das Becken einige Male angeschlagen, welches dann einen so starken Ton angeben soll, daß man eine halbe Meile weit hören kann. Niemand weiß, seit wann das Becken dasteht, daher glaubt der gemeine Mann, der Teufel habe es einst zur Nachtzeit an diese Stelle gesetzt.

 Im Rammelsberge befindet sich eine alte verlegene Grube, welche die Teufelsgrube heißt und zwar daher, weil, wie man sagt, der Teufel neben andern Gewerken darin soll gebaut, sein Geld wöchentlich vor die Grube gelegt und sein zugemessen Erz mitgebracht haben. Als aber einstmals die Gewerke nicht recht mit demselben das Erz geteilt hätten, da sei die Grube von ihm über den Haufen geworfen worden und habe bis auf den heutigen Tag den Namen von dem Teufel erhalten.

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