Sagen rund um den wilden Jäger

Vorzeiten soll im Braunschweiger Land ein Jägermeister gewesen sein, Hackelberg genannt, welcher zum Waidwerk und Jagen solch große Lust getragen, daß, da er jetzt an seinem Todbett laq, und vom Jagen so ungern abgeschieden, er von Gott soll begehrt und gebeten haben (ohnzweifellich aus Ursach seines christlichen und gottseeligen Lebens halber, so er bisher geführt), daß er für sein Theil Himmelreich bis zum jüngsten Tag am Sölling mögt jagen. Auch deßwegen in ermeldte Wildniß und Wald sich zu begraben befohlen, wie geschehen. Und wird ihm sein gottloser, ja teuflischer Wunsch verhängt, denn vielmal wird ein gräulich und erschrecklich Hornblasen und Hundsgebell die Nacht gehört: jetzt hie, ein andermal anderswo in dieser Wildniß, wie mich diejenigen, die solch Gefährd auch selbst angehört, berichtet. Zudem soll es gewiß sein, daß, wenn man Nachts ein solch Jagen vermerkt und am folgenden Tag gejagt wird, einer ein Arm, Bein, wo nicht den Hals gar bricht, oder sonst ein Unglück sich zuträgt.

Ich hin selbst (ist mir recht im Jahr 1558), als ich von Einbeck übern Sölling nach Ußlar geritten und mich verirrte, auf des Hackelbergers Grab ungefähr gestoßen. War ein Platz, wie eine Wiese, doch von unartigem Gewächs und Schilf in der Wildniß, etwas länger denn breit, mehr denn ein Acker zu achten; darauf kein Baum sonst stund wie um die Ende. Der Platz kehrte sich mit der Länge nach Aufgang der Sonne, unten am Ende lag die Zwerch, ein erhabener rother (ich halt Wacken-) Stein, bei acht oder neun Schuhen lang und fünfe, wie mich däuchte, breit. Er war aber nicht, wie ein anderer Stein, gegen Osten, sondern mit dem einen Vorhaupt gegen Süden, mit dem andern gegen Norden gekehret.

Man sagte mir, es vermögte niemand dieses Grab aus Vorwitz oder mit Fleiß, wie hoch er sich deß unterstünde, zu finden, käme aber jemand ungefähr, lägen etliche gräuliche schwarze Hunde daneben. Solches Gespensts und Wusts ward ich aber im geringsten nicht gewahr, sonst hatte ich wenig Haare meines Haupts, die nicht empor stiegen.


Ein Schneider saß einmal auf seinem Tische am Fenster und arbeitete, da fuhr der wilde Jäger mit seinen Hunden über das Haus her und das war ein Lärmen und Bellen, als wenn die Welt verginge. Man sagt sonst den Schneidern nach, sie seyen furchtsam, aber dieser war es nicht, denn er spottete des wilden Jägers und schrie: „huhu, huhu, kliffklaff, kliffklaff!“ und hetzte die Hunde noch mehr an; da kam aber ein Pferdefuß ins Fenster hereingefahren und schlug den Schneider vom Tische herab, daß er wie tot niederfiel. Als er wieder zur Besinnung kam, hörte er eine fürchterliche Stimme:

wust du met mi jagen,
dan sost du auk met mi knagen!

ich weiß gewiß, er wird nie wieder den wilden Jäger geneckt haben.

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